Lange hat die Pflegebranche nicht mehr so viel Aufmerksamkeit bekommen wie seit dem Ausbruch von Corona. Systemrelevant wurde die Branche plötzlich - als wenn sie das nicht schon vorher gewesen wäre! Und die Politik wollte plötzlich nicht mehr nur über die Kosten im Gesundheitswesen reden, sondern über Wertschätzung. Hoppla! Ebenso kündigte die Politik, wie so oft, eine angemessene Bezahlung für diese Berufsfelder an.
Die Pandemie deckte dabei nur die Systemschwächen auf, die allen Mitgliedern der pflegenden Berufe seit langem bekannt waren: Hohe Arbeitsbelastung, eine vergleichsweise als niedrig angesehene Bezahlung (trotz beträchtlichen Steigerungen in den letzten Jahren), wenig Wertschätzung, ein hoher Zeitdruck während der Arbeit und ein Mangel an gut qualifizierten Pflegekräften - das sind die derzeitig größten Herausforderungen, denen sich die Branche gegenübersieht. Patienten erwarten persönliche, möglichst individuelle Fürsorge und man möge sich „bitte kümmern“ (an Stelle der Angehörigen). Klar, was sonst! Der dem System immanente Kostendruck jedoch bringt die Politik dazu, genau an dieser Stelle den Pflegenden immer wieder Zeit abzuknapsen, während bürokratisch anmutende Tätigkeiten wie das Qualitätsmanagement zunehmen. Ein Spannungsfeld, das nicht einfach zu bewältigen ist.
Nicht nur die Kündigungsrate ist in Pflegeberufen besonders hoch, viele Fachkräfte können es sich auch nicht vorstellen, den Job tatsächlich bis zur Rente auszuführen. Im ländlichen Raum sind einige Stellen schon jetzt seit Jahren unbesetzt, Migration von Fachkräften aus dem Ausland hilft hier auch noch nicht wirksam. Aus diesen Gründen ist die Mitarbeiterbindung in der Pflege besonders wichtig.
Übersicht
Wie sie im Allgemeinen die Mitarbeiterbindung verbessern, haben wir bereits im letzten Blogposting dargestellt. Aber was müssen Führungskräfte im Gesundheitswesen beachten, wenn sie hier erfolgreich sein wollen? Wir möchten Ihnen hier vor allem eines vermitteln:
Vergütung und Arbeitsbelastung sind in diesen Berufen Faktoren, die nicht positiv besetzt sind. Aber sie sind für die Mitarbeiterbindung selbst nicht entscheidend, solange sich das Gesundheitsunternehmen hier auf „üblichem Niveau“ belegt.
Um die Mitarbeiterbindung zu steigern muss man vor allem darauf schauen, was Pflegende für besonders wichtig halten, um die Freude und Identifikation mit Ihrer Arbeit und dem Arbeitgeber zu steigern. Hier liegt der Schlüssel für verbesserte Mitarbeiterbindung und nicht in schwer zu beeinflussenden Rahmenbedingungen im regulierten Gesundheitsmarkt.
Wenn Sie „Mitarbeiterbindung in der Pflege“ googlen, dann möchte eine große Branche den Führungskräften von Gesundheitsunternehmen vieles verkaufen: Events, Benefits vom Jobrad bis zu besonderen Einkaufskonditionen, Modelle zur betrieblichen Altersvorsorge oder gar ein Dienstfahrzeug. Sprich, den Führungskräften im Gesundheitswesen soll so suggeriert werden, dass Mitarbeiterbindung in der Pflege vor allem übers Portemonnaie funktioniert. Ja, natürlich haben diese Maßnahmen auch Wirkungen. Aber die entscheidenden Hebel für eine bessere Mitarbeiterbindung, wie wir im Weiteren erläutern, liegen eher intern im Unternehmen und können mit kleineren Maßnahmen deutlich verbessert werden. Der Weltverband der Pflegeberufe (ICN) hat in seinem Strategiepapier 2018 festgestellt, dass es Universallösungen von der Stange für die Mitarbeiterbindung sowieso nicht gibt.
Es ist entscheidend die individuelle Situation des Pflegeunternehmens vor Augen zu haben, um gute Empfehlungen zu geben. In manchen Unternehmen ist die Verbesserung der Teamarbeit und mehr Führungsinteresse ein entscheidender Faktor für höhere Arbeitszufriedenheit. In anderen Unternehmen kann es wirksamer sein, starre Arbeitszeitmodelle zu reformieren. Gefährlicher aber als das Falsche zu tun ist es wie so oft, wenn man einfach gar nichts tut.
Wenn eine Pflegefachperson geht, hat das Auswirkungen auf das Gesundheitsunternehmen, Mitarbeiter, Einrichtung und Klienten (Patienten) des Unternehmens. Nicht immer ist Fluktuation negativ, es gibt schließlich auch eine ganz natürliche Fluktuation, bei der die Pflegefachperson Ihren Arbeitgeber freiwillig verlassen. Dennoch: Bei einer Befragung von 23.000 Pflegefachpersonen gaben über 10 Länder verteilt diese an, dass sie zu 33% beabsichtigen in den nächsten Jahren ihren Arbeitsplatz zu wechseln. 9% wollen sogar den Beruf ganz aufgeben. Diese Quoten sind für Deutschland teils sogar höher. Wenn gerade in Einrichtungen der Alten- und Seniorenpflege der Bedarf in den nächsten Jahren schon allein demographisch bedingt stark steigt, wird die Problematik jedem bewußt. Besondere Auswirkungen wie die Erlebnisse in der Covid-19 Pandemie sind da noch gar nicht in Ihrer Wirkung abzuschätzen, werden aber mit hoher Wahrscheinlichkeit negative Auswirkungen haben. Mitarbeiterbindungskonzepte sind also entscheidende Hebel, die Auswirkungen dieser Situation auf die jeweilige Gesundheitseinrichtung zu minimieren.
Kostenseitig ist das Thema Personalkosten der entscheidende Hebel für den Betriebserfolg: in stationären Einrichtungen sind ca. 50%, in ambulanten Diensten bis zu 75% der Gesamtkosten Personalaufwendungen. Der größte Kostenfaktor ist gleichzeitig das größte Einsparpotenzial. Grund genug, weitere Wege zu finden, die Mitarbeiterbindung, Identifikation und das Engagement zu steigern.
Das Altersprofil und die Tatsache, dass die übergroße Mehrheit der Pflegefachpersonen Frauen sind, ist ein Faktor, der berücksichtigt werden muss, wenn man geeignete Antworten auf die Herausforderung der Mitarbeiterbindung finden muss. Das Arbeitsumfeld ist bspw. ein sehr wichtiger Faktor für die Mitarbeiterbindung, aber genauso entscheidend ist, dass Arbeitsvolumen und die Arbeitsumgebung gut gesteuert werden können. Wenn bei den Fachpersonen die Work-Life-Balance gibt, kommt eine Kaskade in Gang, die kaum zu bremsen ist: die individuelle Arbeitszufriedenheit sinkt, die Verantwortung für die Versorgung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen wird dann übergroß, innerbetriebliches Lernen und Personalentwicklung bleiben auf der Strecke und die Unternehmenskultur kollabiert gleich mit. Mitarbeiterbindung muss also früh ansetzen, in der Regel beginnt sie sogar schon mit der Einstellung der Mitarbeitenden.
Gute und zuverlässige Pflegekräfte bleiben dem Unternehmen möglichst lange treu, wenn mehr getan wird, als nur auf Benefits zu schielen. Der Belegschaft kann mit den richtigen Maßnahmen der Mitarbeiterbindung ausreichend Wertschätzung entgegengebracht werden.
Gründe, die Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung in der Pflegebranche einzuleiten, gibt es allemal genug:
Durch eine starke Mitarbeiterbindung können sich speziell in der Pflegebranche viele Vorteile ergeben. Zum Beispiel:
Nicht zuletzt der Boom der Personalagenturen und Zeitarbeitsfirmen in der Pflege spricht Bände. Was sie den Pflegenden versprechen sind nicht nur außergewöhnliche Bezahlung und andere übliche Versprechen. Sie wollen „den Job in der Pflege wieder zu Berufung zu machen“, reden über Glück in Freizeit wie Beruf und möchten Ansprechpartner sein, Störfaktoren auflösen und drücken Wertschätzung gegenüber den Pflegenden aus.
Führungskräfte sollten, statt sich an dieser Stelle kritisch über das Wirken der mit sehr starken Honoraranreizen arbeitenden Agenturen zu äußern, selbst die Gegenfrage stellen: Haben wir es als Gesundheitsunternehmen geschafft, das Ziel „Wohlergehen der Mitarbeiter“ auf der Agenda zu haben? Wenn nicht, dann werden immer mehr Pflegekräfte aufgrund besserer Arbeitsbedingungen in die Zeitarbeit wechseln, was das Gesundheitsunternehmen in letzter Konsequenz finanziell belasten wird.
Definition Mitarbeiterbindung: Unternehmen, die ihr wichtiges Kapital in der Belegschaft sehen und versuchen, diese langfristig zu halten. Die Maßnahmen, die ergriffen werden, um die Mitarbeiter möglichst nachhaltig an den Betrieb zu binden, können unterschiedlich sein.
Die Wünsche der Beschäftigten in der Pflege unterscheiden sich gar nicht so stark voneinander, wie bspw. die Managementberater der Hay Group analysiert haben. Ganz oben stehen wider erwarten eben nicht finanzielle Anreize und Benefits: Karrieremöglichkeiten durch bessere persönliche Entwicklung und Weiterbildung sind Ihnen wichtiger. Viele Pflegende sehen Ihre Arbeit tatsächlich als Berufung und empfinden das Gehalt im Vergleich zu anderen Branchen als weniger wichtig. Natürlich geht es um einen ausreichenden Verdienst und der ortsübliche Durchschnitt ist da auch ein relevantes Maß, aber mit mehr Geld wird das Dienstverhältnis nicht länger. Das zählt auch für kulturelle Möglichkeiten, Rabatte oder andere Bonbons.
Pflegende brauchen auch für sich ganz persönlich eine außergewöhnlich gute Arbeitsatmosphäre. Ein stramm hierarchisch geführtes Krankenhaus, wo der Pflegende nur Befehlsempfänger und austauschbare Nummer am Ende einer Kette von Ärzten ist, wo die Patienten nach den Belegungsplanungen gepflegt werden, ist ihnen ein Graus. Stattdessen wollen sie eine modernde Unternehmenskultur, die lebendig, vital und wertschätzend arbeitet. Dazu gehört für sie auch moderne Arbeitszeitmodelle mit flexiblen Arbeitszeiten.
Um all diese Maßnahmen zu ergreifen und zu koordinieren, braucht es vor allem Zeit und Planung. Aber auch das richtige Kommunikationsinstrument ist unverzichtbar, wenn sie die Mitarbeiterbindung effektiv verbessern wollen. In einem hochverdichteten Pflegealltag möchten sie die Mitarbeitenden erreichen mit Ihren Botschaften. Und diese sollten selbst wählen können, wann und wo sie das tun. Insbesondere wenn sie Weiterbildungen anbieten, innovative Arbeitszeitmodelle einführen oder auch sonst neue Wege beschreiten: Es nützt nichts, wenn sie das auch nicht kommunizieren können. HR-Portale oder Intranets, die nur im Dienstzimmer oder beim Besuch der Geschäftsstelle gelesen werden können, bringen da nichts. Diese funktionieren in der Verwaltungsebene, selten jedoch erreichen Sie die Mitarbeiter direkt.
Das Allroundtalent, dass man stattdessen untersuchen sollte, ist die sogenannte Mitarbeiter-App. Mit einer Mitarbeiter-App in der Pflege lässt sich die interne Kommunikation in einem Unternehmen genau führen. Sie können diese einerseits sehr produktiv einsetzen: es können Dienstpläne hochgeladen, abteilungsübergreifende Abstimmungen geführt, und eins-zu-eins-Kommunikation möglich gemacht werden. Oder aber sie können für alle Mitarbeiter relevante Verbesserungen mitteilen. Nutzen Sie dabei auch multimediale Erzählformate, um Ihre Botschaft rüber zu bringen. Denn so versteht Ihr Pflegender, warum es sich lohnt, Ihrem Unternehmen die Treue zu halten statt auf die einseitigen Versprechungen von Zeitarbeitsagenturen zu hören.
Die Fragen aller Fragen: Warum tun Menschen das, was sie tun? Warum hat sich ein Mitarbeiter gerade für diesen Beruf entschieden? Warum für dieses Unternehmen? Warum arbeitet er gut – oder aber weniger gut? Warum ist der eine glücklich und zufrieden im gleichen Arbeitsumfeld, in dem der andere vollends unzufrieden ist?
In jedem Falle sollte sich jede Führungskraft bewußt sein, dass diese Fragen sich nicht immer von jedem Angestellten bewußt gestellt oder beantwortet werden können. Warum jemand etwas tut ist auch eine Möglichkeit für das Unternehmen, diese Sinnfindung zu beantworten: Wir wollen helfen! Wir möchten im Gesundheitswesen die Einrichtung sein, in die wir selbst gehen würden, wenn wir es denn mal müßten. Selten sind es die großen Dinge, die ein Mitarbeiter braucht, um motiviert und glücklich zu sein. Mit ein wenig Hintergrundwissen über die Wünsche und Bedürfnisse des Mitarbeiters kann die Führungskraft bereits Maßnahmen ergreifen, z. B. die Dienstzeiten anpassen oder bestimmte Aufgaben zuweisen. Die Qualität der Ergebnisse der Arbeit zu verbessern ist ein guter Gradmesser, ob die Maßnahmen hilfreich waren. Aber auch das subjektive Empfinden ist für den langfristigen Erfolg ein wichtiger Faktor.
Mehr Freiheit und mehr Gestaltungsfreiheit können genauso motivieren wie den Weg der direkten Kommunikation zu haben, der mit einer Mitarbeiter-App möglich wird. Das Mentoren-Modell können sie genauso über die Mitarbeiter-App immer wieder unterstützen. Das Onboarding neuer Mitarbeiter verläuft so, dass diese sich gleich von Anfang an mit Ihrem Unternehmen identifizieren können.
In der Wissenschaft wurden 4 Bindungstypen der Mitarbeiterbindung identifiziert:
Auf alle diese 4 Punkten können sie mit guter interner Kommunikation immer wieder einzahlen. Bringen Sie dem Mitarbeiter den Wert seiner Bindung zu Ihrem Unternehmen immer wieder ins Gedächtnis, bspw. über die Mitarbeiter-App. Das funktioniert wie eine kleine, immer wiederkehrende Kampagne, damit Ihre Mitarbeiter nicht nur immer wieder den Versprechen der Zeitarbeitsagenturen ausgesetzt sind.
Unter den Quiply Kunden haben bereits große Gesundheitseinrichtungen wie die Krankenhäuser MediClin, Alten- und Seniorenheime (Spitexe) wie Zollinger oder HomeInstead als auch viele kleinere private Pflegedienste als Referenzen erfolgreich bewiesen, wie sie Ihre Mitarbeiterbindung mit der Quiply Mitarbeiter-App verbessert haben.
Autoren: Markus Bußmann und Sophia Fritz Illustration: Beatriz Simoes