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Zeiterfassung - Das neue Urteil zum Gesetz

Geschrieben von Clarissa Trenzen | 16. Dezember 2022 12:18:57 Z

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat entschieden: Arbeitgeber:innen sind nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG dazu verpflichtet, ein System zur Verfügung zu stellen, mit dem die von Arbeitnehmer:innen geleistete Arbeitszeit erfasst wird. Hintergrund: Laut dem Gerichtsurteil sind alle Arbeitgeber:innen schon seit Inkrafttreten des Gesetztes dazu verpflichtet, ein elektronisches Arbeitszeiterfassungssystem zu haben. Das wusste bislang nur kaum jemand... Am 02.12.22 folgte dann noch die Urteilsbegründung des BAG. 

"1. Arbeitgeber sind nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer zu erfassen, für die der Gesetzgeber nicht auf der Grundlage von Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG eine von den Vorgaben in Art. 3, 5 und 6 Buchst. b dieser Richtlinie abweichende Regelung getroffen hat.

2. Dem Betriebsrat steht kein – über einen Einigungsstellenspruch durchsetzbares – Initiativrecht zur Einführung eines elektronischen Systems zu, mit dem die tägliche Arbeitszeit solcher Arbeitnehmer erfasst werden soll."

Durch die Regelung der Arbeitszeit durch das Arbeitszeiterfassungsgesetz sollen Mitarbeitende vor Willkür seitens der Arbeitgeber:innen geschützt werden. Den Arbeitergeber:innen wiederum soll eine gewisse Flexibilität verschafft werden. Wenn die Auftragslage oder Auslastung einmal schwankt oder es viel Konkurrenz gibt, sollen Unternehmen trotzdem ihre Ziele erreichen können, ohne aber Wohlbefinden oder Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu beeinträchtigen. Hier finden Sie unsere Tipps zur Zeiterfassung. 

Arbeitszeiterfassung soll dazu beitragen, dass Arbeitnehmer:innen fair behandelt werden  und von einer guten Work-Life-Balance profitieren. Berufliche Telefonate oder Mails beantworten nach Feierabend? Das kann sich schnell summieren und zu unbezahlten Überstunden führen. Wer 10 Stunden arbeitet, möchte mehr Geld bekommen als jemand, der nur 8 Stunden arbeitet. Das Zeiterfassungssystem ist somit nicht zur Kontrolle und Überwachung der Mitarbeitenden, sondern zur Erfassung der Leistung gedacht. 

Mit dem Zeiterfassungssystem können Pausen und Pausenlängen sichergestellt werden. Auch Überstunden werden erfasst. Mit digitalen Systemen werden die Arbeitszeiten sogar automatisch den Kostenstellen zugeordnet, was vor allem bei Projektarbeit ein großer Vorteil ist und Arbeitsaufwand in der Verwaltung einspart.

1. Vor- und Nachteile von Zeiterfassung

2. Wie kann Zeiterfassung erfolgen? 

3. Strafen für Unternehmen ohne Zeiterfassung

Vor- und Nachteile für Arbeitnehmer:innen

Vorteile 

1. Fairness: Überstunden werden erfasst und ausgeglichen. Mitarbeitende, die etwas mehr verdienen möchten, sind so auch eher bereit, die eine oder andere Überstunde zu leisten. Außerdem verhindert es Missstimmungen, weil Ihre Mitarbeitenden nicht das Gefühl haben, aufgrund ihres Arbeitsumfangs benachteiligt zu sein. Auch das Betriebsklima profitiert von der Fairness unter Kolleg:innen. 

2. Transparenz: Schneller Einblick in geleistete Über- oder Minusstunden und Resturlaub. So können Ihre Mitarbeitenden und Sie besser planen. 

3. Verbesserungen: Die Arbeitsbelastung und Effizienz in Ihrem Unternehmen lässt sich durch die Auswertung der Zeiterfassungs-Daten optimieren. In einigen Fällen sind Verbesserungen von Organisationsstrukturen und Arbeitsprozessen möglich.

Nachteile

1. Vertrauensverlust: Manche Mitarbeitende fühlen sich durch die Zeiterfassung kontrolliert. Daraus können eine negative Einstellung und Vertrauensverlust gegenüber dem Unternehmen entstehen. Beugen Sie hier vor, indem Sie transparent machen, wie die Zeiterfassung funktioniert und dass sie rechtlich vorgeschrieben ist. 

2. Zeitfokus: Die Zeiterfassung kann dazu führen, dass Arbeitnehmer:innen nicht mehr ergebnisorientiert arbeiten, sondern nur noch die festgelegten Arbeitszeiten erfüllen. Hierdurch kann sich die Leistung und somit die Performance verschlechtern. Sollte dies der Fall sein, suchen Sie frühzeitig das Gespräch. 

Mit der Mitarbeiter App Quiply über die Zeiterfassung informieren 

Mit der Mitarbeiter App von Quiply können Sie Ihre Mitarbeitenden über die Pflicht zur Zeiterfassung informieren. So wissen Ihre Mitarbeitenden, was auf sie zukommt und wie sie sich verhalten sollen. Auch das sensible Thema Datenschutz bei Zeiterfassungssystemen kann hier für alle transparent behandelt werden.

In definierten Gruppen oder per Beitrag für alle schicken Sie die neuen Informationen direkt auf das private Smartphone, Tablet oder den Desktop Ihrer Mitarbeitenden. So beugen Sie Misstrauen Ihrer Belegschaft vor und machen stattdessen die Vorteile der Zeiterfassung für alle ersichtlich.

Auch das Hochladen von Videos und Dokumenten ist innerhalb der Mitarbeiter App DSGVO-konform möglich. So können Sie sich auch mit einem Klick von Ihren Mitarbeitenden rechtssicher bestätigen lassen, dass Sie das Dokument zur Kenntnis genommen haben. Perfekt für mobile Mitarbeitende! 

 

Wie kann Zeiterfassung erfolgen?

Möglichkeiten, Arbeitszeiten zu erfassen

Um die Zeiterfassung in Ihrem Unternehmen durchzuführen, bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten. Die wohl bekannteste davon ist der Stundenzettel in Papierform, dessen Nutzung aber auch viele Risiken bietet. Erstens ist die Übertragung der händisch erfassten Stunden in ein digitales System zur Abrechnung unumgänglich, wodurch doppelter Arbeitsaufwand entsteht. Und zweitens: Was passiert im Falle eines Verlusts des Zettels? 

Hier stellen wir Ihnen daher weitere Möglichkeiten zur digitalen Zeiterfassung vor. Und gut zu wissen: Die Anschaffung eines Zeiterfassungs-Systems ist steuerlich absetzbar. 

Die klassische Zeiterfassung bezeichnet die Kontrolle der Anwesenheit. Bei Berufsgruppen, die Arbeitskleidung tragen, sollte die Zeiterfassung jedoch schon vor dem Umziehen beginnen. Wo das nicht möglich ist, rechnen manche Unternehmen beispielsweise 15 Minuten am Anfang und Ende der Schicht zur Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden hinzu, um das an- und auskleiden auf die Arbeitszeit drauf zu rechnen.  

Elektronische Zeiterfassung 

Dabei sind am Arbeitsplatz fest installierte Hardwareterminals, in die sich die Mitarbeitenden täglich ein- und ausloggen müssen. Auch Pausenzeiten werden so beispielsweise mit einer Chipkarte oder einem Transponder festgehalten. Der Verwaltungsaufwand für die Unternehmen ist dadurch geringer und kann mit einer Zugangskontrolle verbunden werden. Die Mitarbeitenden können ihre geleisteten Stunden jederzeit einsehen. 

Der Nachteil dieser Methode sind hohe Anschaffungs- und Nutzungskosten für das Terminal, das Erfassungsmedium und die Lizenzgebühren für die Software. Außerdem sollte geklärt werden, ob und wie die Daten im Falle eines Verlusts des Erfassungsmediums gesichert sind. Zudem können Mitarbeitende im Homeoffice, Außendienst oder auf Dienstreise das System nicht nutzen. 

Zeiterfassung über Log-in am PC (ungenau)

Eine weitere Möglichkeit ist die Zeiterfassung über Log-in am PC. Dies ist jedoch nicht immer genau, denn was passiert, wenn der PC beispielsweise erstmal eine längere Zeit zum Hochladen braucht, beim Login viel eingegeben werden muss oder man eine Reihe an Updates durchführen muss? Auch das sollte zur Arbeitszeit dazugezählt werden. Die sogenannte Rüstzeit ist den Arbeitnehmer:innen gutzuschreiben und zu vergüten. Sollte die Zeiterfassung erst nach der Rüstzeit beginnen, machen Sie sich als Arbeitgeber:in angreifbar, denn Arbeitnehmer:innen können ihre geleistete Arbeitszeit während der Rüstzeit einklagen. 

Zeiterfassung über Arbeitszeitkonto

Alles, was über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet wird, landet auf dem Zeitkonto. Mit einem Arbeitszeitkonto können sich Mitarbeitende so zum Beispiel ein paar zusätzliche Tage Urlaub durch ihre geleisteten Überstunden erarbeiten. Auch Fehl- bzw. Minusstunden werden so bei gleichem Monatsgehalt ausgeglichen. Diese müssen dann nachgearbeitet werden. Bei Ausscheiden des/der Mitarbeitenden werden übrige Stunden ausbezahlt und gehen nicht verloren. Das digitale Arbeitszeitkonto ist besonders für Unternehmen mit Mitarbeitenden im Home Office, der Schichtarbeit, in flexibler Teilzeit, mit Rufbereitschaft, Gleitzeit oder Jahresarbeitszeit sinnvoll. 

Zeiterfassung per App 

Auch mit bestimmten Apps kann man die Arbeitszeiten erfassen. Hierbei werden die Stunden mobil eintragen, was besonders praktisch ist. Die automatische Zeiterfassung ist wenig fehleranfällig und nur mit geringen Kosten verbunden, falls die Mitarbeitenden eigene oder bereits vorhandene Geräte zur Nutzung der App verwenden dürfen. Die Mitarbeitenden können auch bei dieser Möglichkeit jederzeit bereits geleistete Stunden einsehen. Damit Sie diese Option nutzen können, muss aber jede/-r Mitarbeiter:in ein eigenes Eingabegerät besitzen, zum Beispiel ein eigenes Smartphone.

Diese Möglichkeit eignet sich hervorragend für Mitarbeitende im Außendienst, Homeoffice oder auf Geschäftsreisen. Hiermit optimieren sie den Prozess der Zeiterfassung, sparen Zeit und Kosten. 

Unternehmen ohne Zeiterfassung werden abgestraft

Das Arbeitsgericht Emden urteilte 2020 in diesen zwei Fällen zugunsten der Arbeitnehmer:innen. Im ersten Fall klagte ein Bauhelfer seine selbst dokumentierten Stunden ein. Das Bautagebuch des Bauunternehmers wurde als Nachweis der Stunden nicht anerkannt. 

In einem zweiten Fall musste ein Arbeitgeber im September 2020 vor dieser Kammer über 1000 Überstunden im Wert von über 20.000 € ausbezahlen. Er hatte zwar ein Zeiterfassungssystem genutzt, dieses genügte aber nicht den Anforderungen des EuGH. Es erfolgte keine Kontrolle der zulässigen Höchstarbeitszeiten, welche dem Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden dient. 

In beiden Fällen hätten die Arbeitgeber sich mit der Nutzung eines geeigneten, den Anforderungen des EuGH entsprechenden Zeiterfassungs-Systems, eine Menge Kosten erspart. 

Fazit zur Zeiterfassung 

Um das Gesetz zur Arbeitszeiterfassung kommen Unternehmen nun nicht mehr drum herum. Nun warten alle gespannt auf die Urteilsbegründung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Sorgen Sie vor. Hintergrund: Die Urteilsbegründung wird frühestens nächstes Jahr öffentlich gemacht. Bis dahin weiß man leider gar nicht genau, was sich aus diesem Urteil nun ergibt und welche Gesetze eventuell sogar vorher noch geändert werden müssen. Daher ist es wichtig, sich die Vorteile als Arbeitgeber:in und für Arbeitnehmer:innen bewusst zu machen. Die einfachste und flexibelste Möglichkeit der Zeiterfassung bieten das digitale Arbeitszeitkonto oder die mobile App. Für Mitarbeitende am festen Arbeitsplatz kann die elektronische Zeiterfassung sinnvoll sein, wobei jedoch geklärt werden muss, wie mit der Ankleidezeit und dem möglichen Verlust des Erfassungsmediums umgegangen wird. Die klassische Zeiterfassung per Stundenzettel ist für viele Unternehmen bereits keine Option mehr, da sie sehr ungenau ist und zu höherem Arbeitsaufwand führt.