Unsere Autorin befragt in loser Folge mittelständische Unternehmer und Mitarbeitende. Ihr Interesse: Wie hat sich seit der Pandemie das Geschäftsmodell durch die Digitalisierung verändert. Was ändert sich im Unternehmen, wie Kommunikation und überhaupt das Erfolgsrezept der Branche. Und wie geht es den Menschen dabei, den Mitarbeitenden und all denen, die als Unternehmer Erfolg mit Ihrem Business suchen. Heute besucht Anika Chris, einen Fitnesstrainer, in seinem Studio bei Tübingen.
Anika:
Wie ist das denn mit Home-Workouts, hält man die durch? Ich glaube, viele haben im zweiten Lockdown aufgegeben.
Chris:
Ich glaube, viele haben im ersten schon aufgegeben. Ich zum Beispiel. (lacht)
Eigentlich gibt Chris nicht so leicht auf, zumindest nicht im Sport. Der einundzwanzigjährige ist dualer Student der Fitnessökonomie. Seit Februar 2020 arbeitet er neben seinem Studium Vollzeit in einem angesagten Fitness-Center. Das Franchise Unternehmen gibt es seit 2013, das Studio selbst hat im Januar 2019 geöffnet. Die Arbeit dort macht ihm Spaß. Ein junges Team, sieben Mitarbeiter, davon drei Studenten, drei Vollzeitangestellte und der Geschäftsinhaber.
Als Chris mit der Arbeit begann, lief es im Studio gut. Innerhalb eines Jahres sind sie zu einem der mitgliederstärksten Studios der Region gewachsen und bekamen jeden Monat Neukunden hinzu. Inzwischen liegen sie bei den Mitgliederzahlen im vierstelligen Bereich und wachsen trotz Lockdown. Ihr persönliches Erfolgsgeheimnis hat er mir auch verraten — doch dazu später mehr.
Die Gründe für einen Besuch im Fitness-Studio liegen auf der Hand. Die flexiblen Trainingszeiten, aber auch die Möglichkeit, gezielt einzelne Muskelgruppen anzusprechen und sich auf dem Laufband oder in Live-Kursen auszupowern, können eine gute Abwechslung zum Arbeitsalltag sein.
Nicht nur Chris’ Studio konnte, zumindest vor der Pandemie, expandieren. Die Fitness-Industrie boomt in Deutschland. Proteinreiche Snacks vervielfachen sich in den Supermarktregalen, und immer mehr Deutsche haben eine Mitgliedschaft in einem Fitnessclub — laut statista.com waren es im Jahr 2019 schon mehr als 11,5 Millionen.
61% der Besucher trainieren mehrmals wöchentlich. Dabei betrug die Trainingszeit der Befragten oftmals zwischen einer und zwei Stunden — Tendenz steigend.
Doch dann kam der erste Lockdown im Frühjahr 2020, und die Fitnessbranche musste, genau wie viele andere Branchen, improvisieren.
Wie genau das aussah, und was sich auch in der Krise für Chancen aufgetan haben, das möchte ich gerne von Chris wissen.
Anika:
Was hast du gemacht, als der Lockdown kam?
Chris:
Als Azubi kann man zum Glück nur dann auf Kurzarbeit gehen, wenn es absolut nichts mehr zu tun gibt. Also haben wir erstmal verschiedene Dinge vom Ausbildungsplan vorgezogen: Zum Beispiel konnte ich von meinem Ausbilder mehr im 1:1 Gespräch über die richtige Kundenbetreuung lernen. Wir haben auch verschiede Schulungen zu medizinischen Grundlagen und den richtigen Trainingseinweisungen vorgezogen. Und dann eben: Alle Geräte ölen, die Wände in der Umkleide streichen.
Doch damit war es natürlich noch nicht getan. Genau wie viele andere Branchen war die Fitness-Branche vom Lockdown schwer getroffen. Und gerade große Studios, die oft hohe Kredite aufnehmen um die teuren Geräte und den Trainingsraum zu Verfügung stellen zu können, sind darauf angewiesen, Mitglieder längerfristig zu halten und auch stetig neue Kunden zu generieren. Workout-Videos gab es zwar schon vor der Pandemie digital, doch gerade Fitness-Studios setzten eigentlich auf Präsenz: Die Atmosphäre im Studio, die Ansprache durch die Mitarbeiter und das gemeinsame Trainieren mit Freunden hatte eher einen Live-Event-Charakter.
„Normalerweise sagt man ja ‚Ich weiß nicht, warum mein Social Media so bekannt geworden ist‘ – aber hier kann man’s wirklich ganz gut erklären: Ich habe Workout-Videos, die man in real time durchmachen konnte, kostenlos für alle Nutzer weltweit bereitgestellt. Das war ein großer Mehrwert für viele, weswegen sie mir dann gefolgt haben.“
Das sagt Pamela Reif, die vor Kurzem auch von Zeit Campus zu den „Dreißig unter Dreißig“ gezählt wurde, über ihren Erfolg im Corona-Jahr 2020. Dass die Nachfrage nach Home-Workouts während des Lockdowns enorm gestiegen ist, lässt sich an den Followerzahlen auf ihren Social-Media-Kanälen ablesen. Der Fitness-Influencerin sind im Frühjahr plötzlich vier Millionen Menschen mehr gefolgt. Nun sind es allein auf Instagram über sieben Millionen, Stand Januar 2021.
Diese Zahlen sind immens, und auch regionale Studios haben dadurch eine Chance wahrgenommen, ihren Mitgliedern exklusiven Zugang zu Online-Kursen und Workout-Videos zu bieten.
Anika:
Wie seid ihr im Lockdown mit euren Mitgliedern in Kontakt geblieben?
Chris:
Im ersten Lockdown gab es eine krasse Welle an Home-Workouts: Plötzlich war jeder Influencer Fitness-Trainer. Uns ging es in erster Linie darum, rasch unser Online-Kurs-Angebot zu erweitern und auf unseren Social-Media-Accounts Präsenz zu zeigen. Wir haben dort verschiede Fitness-Challenges und Gewinnspiele veranstaltet. Außerdem machen wir gerne „Behind the Scenes“ Videos, in denen wir Azubis uns den Mitgliedern zeigen, und sie vielleicht auch ab und zu zum Lachen bringen können. Uns war es wichtig, als Team und als Menschen nahbar zu bleiben.
Anika:
Und dann durftet ihr ja tatsächlich auch wieder öffnen…
Chris:
Ja, im Juni ging es kurz wieder los. Ich hatte am Anfang die Befürchtung, das einzelne Mitglieder vielleicht die Regelungen nicht einhalten wollen, doch das ist kein einziges Mal passiert. Die Resonanz war eher: Besser zwei mal die Woche eine Stunde, als überhaupt nicht. Die Stunden für die kommende Woche waren meist schon eine halbe Stunde später — Sonntags um 00:30 Uhr — ausgebucht. Manche haben sich dafür extra einen Wecker gestellt.
Anika:
Wie war das für dich?
Chris:
Ich fand es toll, das wir den Mitgliedern so zumindest im begrenzten Rahmen wieder die Möglichkeit, geben konnten, zu trainieren. Das Einzige, was für mich unverständlich war: Obwohl wir viermal so viel Fläche haben wie andere Studios, durften auch bei uns nur zwei Leute pro Stunde im Laden sein. Das war natürlich schade.
Nach der kurzen Eröffnungsphase folgte, durch steigende Infektionszahlen, wieder die Schließung. Trotzdem sind viele Mitglieder dem Studio treu geblieben und nicht zu billigeren Anbietern abgesprungen. Ich möchte von Chris wissen, woran das liegt.
Gerade bei den Discounter-Fitnessketten ist der Konkurrenzdruck sehr hoch — das Studio, in dem Chris arbeitet, setzt deshalb auf etwas überdurchschnittliche Preise, die dann aber auch überdurchschnittlichen Service bieten:
Vor allem der digitale Aspekt ermöglicht Chris’ im Alltag eine noch persönlichere Betreuung der Kunden. Denn auch er kann ihre App-Einträge — vorausgesetzt, sie haben dem vorher zugestimmt — am Computer übersichtlich einsehen, und mit ihnen über Trainingserfolge und ihre weiteren Ziele sprechen.
Für Chris ist die digitale Vernetzung mit den Kunden enorm wichtig. Und er spürt auch immer wieder, dass das Studio dafür gute Resonanz bekommt. Denn richtig betreute Mitglieder „spenden“ nicht nur nach einem Anflug von Optimismus zwei Jahre lang dem lokalen Fitness-Studio den monatlichen Beitrag — sondern können tatsächlich Ergebnisse sehen. Das Geheimnis? Contenance im Training. Für Chris ist eine gute Bindung zu den Mitgliedern daher der Schlüssel zu langfristig zufriedenen und erfolgreichen Kunden.
Anika:
Glaubst du, dass auch in eurer Branche immer mehr über Apps kommuniziert werden wird?
Chris:
Auf jeden Fall. Die individuelle Betreuung wird durch die digital abrufbaren Daten für uns als Trainer enorm erleichtert. Und auch die Mitglieder selbst können sich Beispielvideos, Erklärbilder, Kursprogramme und Trainingsergebnisse ansehen. Das schafft dann natürlich eine nachhaltige Vertrauensebene. Es ist definitiv ein cooles Gadget, auch ich tracke meine Einheiten.
Chris ist mit seinem dualen Studium und seinem Betrieb mehr als zufrieden. Doch das geht nicht allen so: In der Fitness-Branche gibt es eine hohe Mitarbeiterfluktuation. Das liegt vor allem daran, dass die Studios aus Konkurrenzdruck versuchen, so viele Kosten wie möglich einzusparen. So werden oft lieber kurzfristig Aushilfen und Studenten eingestellt. Ein Personal-Training kann man bei einem Discounter-Studio nicht erwarten. So ist in großen Studios dann auch die Kommunikation anonymer und unverbindlicher. Für Chris wäre das keine Option.
„Die Herausforderung im Franchising besteht nicht darin, mehrere Studios parallel zu führen, sondern vor allem darin motiviertes, engagiertes und gut ausgebildetes Personal zu finden. Denn die Mitarbeiter sind der Motor eines Unternehmens, welche dieses zum Erfolg führen.“
Das sagt der Franchisenehmer Christian Voss, der inzwischen sieben Body-Street Studios betreibt, in einem interview mit punktfranchise.de. Doch wie hält man die Motivation aufrecht, wie schafft man eine wertvolle Unternehmenskultur? Im ersten Jahr seiner Ausbildung im Studio haben sich für Chris folgende Punkte bewährt:
Yoga, Pilates, HIIT-Workouts, Bauch, Beine, Po: Alle erdenklichen Workouts können heute auch kostenlos gestreamt werden. So lässt sich auch Zuhause theoretisch jederzeit trainieren. Werden sich in Zukunft mehr Leute die Anfahrt zum Studio und die monatlichen Kosten sparen wollen?
Anika:
Ihr wisst jetzt, im Januar 2021, immer noch nicht, wann ihr wieder öffnen könnt. Online-Kurse finden aber immer noch täglich statt. Was glaubst du — werden die Leute nach dem Lockdown überhaupt noch Lust haben, ins Studio zu gehen?
Chris:
Auf jeden Fall. Zu Hause wirklich hart zu trainieren kostet viel Selbstdisziplin und Überwindung. Im Studio gibt es Anteilnahme, Support und Animation. Allein der Raumwechsel kann da schon eine Auszeit vom Alltag bedeuten. Die Branche gibt es schon seit sechzig Jahren und alternative Sportarten gab es schon immer — doch die haben bis heute noch kein Fitness-Studio ersetzt.
Anika:
Was wird sich denn nach der Pandemie verändert haben?
Chris:
Ich kann mir vorstellen, dass viele Menschen nach der Pandemie bewusster mit Ausgaben und Abos umgehen werden, weil das Jahr 2020 für viele finanziell schwierig war. Ich hoffe, dass sie dann mehr Wert auf die Qualität des Studios legen, nach dem Motto: Das kostet zwar jetzt etwas mehr, aber dafür funktioniert es auch wirklich. Qualität statt Quantität, und Fitness als bewusstes Thema — als wirklichen Ausgleich zum Arbeitsalltag, nicht nur als kurzfristigen Trend.
Digitale Kommunikation ist also wichtig, doch der persönliche Kontakt zu den Mitgliedern und der Live-Charakter eines Fitness-Studios kann dadurch nicht ersetzt werden. Eher ist erstaunlich, dass die Unternehmen intern noch nicht in ähnlicher Weise digital kommunizieren wie nach extern und somit ganz andere Möglichkeiten außer Acht lassen.
In dem coronabedingte Digitalisierungsschub liegt eine Chance für die Fitness-Industrie. Der junge Student sieht da auch für die Zukunft noch ein paar Möglichkeiten:
Wir wünschen Chris weiterhin viel Erfolg!
Wenn Sie das Thema digitale Kommunikation in der Fitness-Branche neugierig gemacht hat, kann die Mitarbeiter-App für Sie, Ihren Betrieb oder Ihre Mitglieder interessant sein. Durch eine Mitarbeiter-App im Fitness-Studio kann…